Hamburguer Morgenpost 17/01/2005 Wenn Kühe muhen und Frösche quaken - Jazz-Festival in Uruguay Montevideo - "Hier waren Kühe direkt hinter der Bühne, und die haben sogar muh gemacht", freut sich der Jazz-Bassist Christian McBride. "That was cool", fügt der New Yorker Musiker, einer der weltbesten Jazz-Bassisten, übers ganze Gesicht grinsend hinzu. |
Von Jan-Uwe Ronneburger, dpa Der erst 32-Jährige steht beim 10. Internationalen Jazz-Festival in La Pataia in Uruguay mit seinem Quartett schon zum zweiten Mal auf der Open-Air-Bühne. Vor begeisterten Jazz-Fans aus Uruguay, Argentinien und Brasilien sowie mehreren Kühen, Ziegen und Pferden spielen die Weltklassemusiker Stücke ihrer neuen CD "Vertical Vision". Bei ruhigen Stücken quaken abends die Frösche dazu. Die Vision zu einem Jazz-Festival auf der grünen Wiese hatte der Eigentümer der Estancia El Sosiego, Francisco Yobino, als er noch Chef einer Zuckerfabrik im benachbarten Argentinien war. "Dort haben wir schon in den 70er Jahren in der großen Lagerhalle Konzerte veranstaltet. Als Sitzbänke dienten Zuckersäcke, und das hat unheimlich viel Spaß gemacht", erzählt Yobino. Auf seiner Estancia an der Westküste Uruguays betreibt er das ganze Jahr über eine Art Ökotourismus. Das Anwesen liegt nur ein paar Autominuten von dem Seebad Punta del Este entfernt, wo sich die Schönen und Reichen vom Rio de la Plata jeden Sommer einfinden. "Ein Jazz-Festival ist eine gute Abwechslung von Strand, Disco und Modeschauen", sagt der inzwischen schon ergraute Festival-Vater. Dieses Jahr wartete das am Sonntag beendete Festival erstmals mit 30 Jazz-Bands vor allem aus den USA, aber auch aus Argentinien, Brasilien, Chile und Schweden auf. Höhepunkte der zehntägigen Sessions waren neben McBride der über 80-jährige kubanische Pianist Bebo Valdés, das Roy Hargrove Quintett, das Lewis Nash Quintett und das Tom Harrell Quintett. Für Begeisterung sorgte auch die brasilianische Jazz-Ikone Leny Andrade. "Es gibt nichts Schöneres als Jazz bei Mondschein", sagt ein brasilianischer Fan aus Sao Paulo, der mit Frau und Kind schon das sechste Mal dabei ist. "Dieses Festival ist wirklich einzigartig. Nirgendwo sonst ist es so entspannt. Wir Musiker sehen uns ja sonst kaum, und hier essen wir zusammen, quatschen über Gott und die Welt und hängen einfach nur rum. Herrlich", sagt Terreon Gully, Schlagzeuger des Christian McBride Quartetts. Finanzielle Unterstützung hat Yobino dieses Jahr von den Regierungen Argentiniens, Brasiliens und Schwedens erhalten. Außerdem hat er eine ganze Wagenladung von Sponsoren zusammengetrommelt. "Wir würden uns sehr freuen, wenn auch Deutschland und andere europäische Länder die Teilnahme von Musikern unterstützen könnten", sagt er augenzwinkernd. Dort gebe es hervorragende Jazz-Musiker. Das Motto des Festivals lautet "Jazz unterm Sternenzelt", aber manchmal spielt die Natur nicht mit. Wenn die abendlichen Konzerte wegen Regens ausfallen oder der Wind gar zu kräftig durch die Eukalyptusbäume rauscht, werden sie am nächsten Morgen nachgeholt. Die Atmosphäre ist sehr entspannt. Was sonst bei jedem Konzert einen Großalarm der Sicherheitskräfte auslösen würde, ist hier kein Grund zur Aufregung. Als die Zuschauer bei einem plötzlichen Regenschauer auf die überdachte Bühne flüchten, spielt das McBride-Quartett seelenruhig weiter. Der Regen peitscht auf die Instrumente, zwischen den Musikern wuseln begeisterte Zuschauer herum. Jazz zum Anfassen. Ein Helfer wischt mit einem Handtuch das Regenwasser aus dem Flügel, während George Colligan mit Hingabe gerade "Come Rain, Come Sunshine" spielt. "Was für ein Zufall. Aber genau das ist Jazz", meint McBride, nachdem die Sonne wieder herausgekommen ist.
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